Protestfall entschieden - Landesligamannschaft bekommt 2 Punkte zurück

Am 10. November gewann unsere zweite Mannschaft fast sensationell 4,5-3,5 gegen Herzogenaurach, doch wegen eines Vorfalls mit einem Handy gab es dagegen einen Protest von Herzogenaurach. Nach langer Wartezeit entschied der Spielleiter, uns die Punkte wieder abzuerkennen, wogegen wiederum wir Beschwerde eingelegt hatten. Denn die Entscheidung des Spielleiters war aus unserer Sicht sehr fragwürdig. Vielen Dank an Michael und Bene, die sich hier ins Zeug gelegt haben und eine fundierte Beschwerdeschrift erstellt haben.

Jetzt hatten wir damit Erfolg - das Verbandsgericht hat zu unseren Gunsten entschieden. Der Sieg zählt also wieder, vielleicht bald auch im Ligamanager.

Und für alle, die es genauer wissen wollen, hat Bene noch folgende Ausführungen zur Ergänzung:

Die Entscheidung des Verbandsgericht (verfügbar <hier> http://www.schachbund-bayern.de/fileadmin/docs/bra/2020/Verbandsgericht.pdf) befasst sich mit der grundsätzlich bedeutsamen Rechtsfrage, in welchen Fällen ein Handyklingeln zum Partieverlust eines Spielers führt. Die Lektüre des Beschlusses empfiehlt sich insofern sehr.

Die unzweideutige Message des Beschlusses ist: Es gab zu keinem Zeitpunkt eine Rechtsgrundlage, die von Rodrigo auf sportliche Weise gewonnene Partie im Nachhinein zu nullen. Die maßgebliche Rechtsgrundlage für Partieverlust ist nämlich ausschließlich Ziffer 11.3.2.2. der FIDE-Regeln, wonach ein Spieler dann seine Partie verliert, wenn nachgewiesen ist, dass er während der Partie ein Handy bei sich trägt (im englischen Original „on their person“). Ob das Handy hierbei ein- oder ausgeschaltet ist, spielt keine Rolle, da es dem Ordnungsgeber darum geht, vereinzelten „schwarzen Schafen“ das Betrügen mittels Schachsoftware so schwer wie möglich zu machen.

Rodrigo hatte sein (eingeschaltetes) Handy jedoch nicht bei sich am Körper, sondern in seinem Rucksack, der mehrere Meter von seinem Brett entfernt an der Wand lag. Hiermit hat er zwar gegen Ziffer 11.3.2.1 der FIDE-Regeln verstoßen, wonach es ohne Zustimmung des Schiedsrichters verboten ist, irgendein elektronisches Gerät im Turniersaal zu haben. Diese allgemeinere Vorschrift ordnet bei einem Verstoß hiergegen jedoch gerade keinen zwingenden Partieverlust als Sanktion an.

Im Ergebnis kann man also ein gestuftes System der beiden Vorschriften erkennen. Das Verbandsgericht hat hier erfreulicherweise unsere Auslegung geteilt und ist meines Erachtens zu Recht nicht der aufweichenden Argumentation des SK Herzogenaurach gefolgt, der versucht hat, eine Ordnungsvorschrift, die im internationalen Verbandskontext der FIDE entstanden ist, mit rechtlichen Konstrukten der deutschen Rechtsordnung auszufüllen. Dies betraf insbesondere den Versuch, den Begriff des „bei sich tragen“ (bzw. „on their person“) mit dem sehr weiten strafrechtlichen Gewahrsamsbegriff in Abgrenzung zum zivilrechtlichen Besitz auszulegen.

Im Ergebnis bedeutet die Entscheidung also:

  • Ein Spieler verliert seine Partie, wenn sein Handy klingelt und er dieses bei sich am Körper trägt.

  • Ein Spieler verliert seine Partie auch dann, wenn bekannt wird, dass er während der Partie ein ausgeschaltetes Handy bei sich am Körper trägt.

  • Ein Spieler verliert seine Partie nicht, wenn sein Handy klingelt und dieses separat von seinem Körper in seiner Tasche befindet. In diesem Fall muss der Spieler wegen der Ruhestörung der anderen Spieler trotzdem mit einer individuellen Ahndung, z.B. einer (nachträglichen) Verwarnung rechnen.